Gerhard Karpiniec
Kirchfeldgasse 32/6
A-2482 Münchendorf
Tel+Fax 0043 (0 )22359/30 194
Stand August 2018
Checkliste/Leitfaden für EZA Projekte
EZA Projekte sind eine enorm komplexe Angelegenheit und sollten ganz bewusst eine gute Vorbereitung erfahren. Man könnte glauben, wie in allen Berufen oder wirtschaftlichen Projekten, es müsste ein Leitfaden für alle notwendigen Schritte und technischen Bedürfnisse existieren, in dem nach 50 Jahren praktischer Arbeit im EZA-Bereich alles einfließt um Fehler so weit als möglich auszuschließen. Natürlich halten große NGOs die unterschiedlichsten Vorbereitungskurse und Seminare. um Ihre zukünftigen Mitarbeiter/Innen auf Kommendes vorzubereiten. Aufzeichnungen darüber sind der interessierten Öffentlichkeit oder Einzelinitiativen bedauerlicherweise nicht zugänglich . Diese Lücke versucht diese “Liste” zu beseitigen.
Zu Beginn einige Überlegungen:
Wir gehen hier vom Fall eines grundlegend neuen Projektes und für den Projektbetreiber in einer noch “unbekannten Gegend” aus – unabhängig davon, ob aufgrund einer eigenen Urlaubsinitiative oder auf Bitte einer Person welche lokal verwurzelt ist. In beiden Fällen ist es wichtig Komponenten zu berücksichtigen, welche sich sehr oft vermischen.
ALLGMEIN
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass natürlich den kulturellen, wirtschaftlichen, mentalen, religiösen und nicht zuletzt sprachlichen Gegebenheiten – nicht nur länder- sondern vor allem auch regionsspezifisch in der Zusammenarbeit besondere Bedeutung zukommt und eine entsprechend sorgfältige Vorbereitung in diesem Zusammenhang unabdingbar ist. Hilfreich hierfür sind u.a. auch die umfangreichen Länder-Information der Wirtschaftskammer.
Darum ist es absolut empfehlenswert, vor Projektbeginn für einen Zeitraum von 1-3 Monaten die Umstände vor Ort zu erheben und entsprechend aufzuzeichnen (Tagebuch) und aufgrund der tatsächlichen Umstände einen Projekt- und vor allem Finanzplan zu erarbeiten.
1) Projektvorbereitung
2) Reisevorbereitungen vom eventuellem Visum, über die Impfungen, bis zur Erhebung der lokalen Stromspannungen und viele Kleinigkeiten.
3) Planung
4) Produkte: Was bekommt man im Land, zu welchem Preis und mit welcher Qualität für das Projekt.
5) Warenkorb – eine Aufzeichnung von aktuellen Preisen.
6) Rechtsnormen – Eigentumsrechte
7) Geldangelegenheiten, Zahlungsabläufe und Geldtransfer
8) Projektdokumentation/ Bautagebuch/ Logbuch
9) Abschluss oder der Aufbau einer langjährigen freundschaftlichen Zusammenarbeit – Nachhaltigkeit
10) Förderungen/ Spenden
11) Zusammenarbeit mit anderen NGOs
Projektidee
Angleichung der persönlichen Projektidee mit dem realen Bedarf der Betroffenen vor Ort (tatsächliche Bedarfserhebung); Prüfung der möglichen Finanzierung – Größenordnung.
zu 1) Projektvorbereitung
Der Vorbereitungszeitraum von 1 -3 Monaten vor Ort umfasst die Erhebung von Daten, Zahlen, Fakten, Umständen, Kooperationsmöglichkeiten mit inländischen und ausländischen Organisationen/Einrichtungen, rechtliche Voraussetzungen (staatlich/regional, tradiertes Recht), Akzeptanz durch die Bevölkerung;
zu 2) Reisevorbereitungen, zu beachten sind
– Reisewarnungen
– Visum
– Impfungen
– prophylaktische Arztbesuche
– lokale Währung/ Devisen (Bankomat, Banken) Aus-/Einfuhrbestimmungen Bargeld
– angepasste Reiseapotheke (Bewilligungsabläufe für persönliche Medikamente beachten)
– lokale Stromspannung
– Versicherungen (Kranken- und Transport)
– Gastgeschenke (einfache Haushaltsgeräte – z.B. Sparschäler, einfacher Messerschleifer, Mitbringsel für Kinder – z.B. Lupe, Dynamotaschenlampe) auch hier sind die Einfuhrbestimmungen zu beachten;
zu 3) Planung
Projektbeschreibung mit detaillierte Stückliste aller Notwendigkeiten – hier wird es am schwierigsten und unterschiedlichsten. Ob ein Schulprojekt, ein landwirtschaftliches Projekt, mit Weiterverarbeitung oder ohne. Ein Handwerksprojekt, Tischlerei oder Schlosserei, oder ,oder…. . detaillierter Aufstellung aller erforderlicher Teile (Stücklisten), Materialien, know-how (Kommunikationsmedien)
– Leistungsverzeichnis
– Objektbeschreibung
– Finanzplan
– Zeitablaufplan
– Projektbegleitungs-infrastruktur (Unterkunft, Verpflegung, sanitäre Einrichtungen)
Empfohlen wird eine Überprüfung/Gegencheck durch einen erweiterten Freundeskreis oder entsprechende Fachleute.
Leider sind heute noch immer nicht selbstverständlich, akzeptable (Trocken) Toiletten an jedem Projektstandort. Diese sind auf alle Fälle mit zu planen. Auch sollte es bei keinem neuem Projekt “Steinzeitöfen” geben (eine offene Feuerstelle).
zu 4) Produkte
Zu erheben ist – schon in der Vorbereitungsphase – welche Produkt zu welchem Preis und in welcher Qualität lokal verfügbar sind. Lokal produzierte Produkte sind Importen vorzuziehen und Qualität geht vor Preis. Werden importierte Produkte benötigt, ist zu prüfen, ob ein Eigenimport sinnvoll wäre. Terminzusagen sind vorbehaltlich der lokalen Mentalität einzuplanen.
zu 5) Warenkorb – eine Aufzeichnung von aktuellen Preisen.
Erhebung von Preisen von Produkten des täglichen Bedarfes zur Ermittlung von Kostenentwicklung und zur Ermittlung von Löhnen und Gehältern;
Produkte des täglichen Bedarfes wären z.B.
– Grundnahrungsmittel
– Genussmittel (Zigaretten, Bier, alkoholfreie Getränke)
– Kleidung
– Löhne und Gehälter (Schlüsselgehalt z.B. von Lehrern, Handwerkern, von Angestellten von NGO‘s
– Grundstückspreise
– Baukosten pro m³ im Wohnungsbau
Zu empfehlen ist dabei eine Beobachtung der Inflation im Lande.
zu 6) Rechtsnormen
Ergänzend zu den staatlichen Gesetzen und Vorschriften sind die im jeweiligen Projektbereich üblichen Usancen und tradierte Rechte unbedingt zu beachten. Eine detaillierte Erhebung in der Vorbereitungsphase sowie eine Valorisierung während der Projektarbeit wird empfohlen. Ebenfalls wird darauf hingewiesen, dass auch nicht direkt vom Projekt betroffene Personen und Personengruppen in die Projektarbeit miteinbezogen und berücksichtigt werden müssen. Es ist zu verhindern, dass es Projektgewinner und Projektverlierer gibt.
Eigentumsrecht – an Grund und Boden nach staatlichen und/oder tradierten Recht .
Wer ist Eigentümer und/oder Rechtsvertreter während der Projektlaufzeit und dann danach bei eventueller Übergabe.
zu 7) Geldangelegenheiten, Zahlungsabläufe und Geldtransfer
Zu prüfen ist hier, wie der Zahlungsablauf für (Löhne, Gehälter, Honorare, Rechnungen, etc.) durchgeführt werden kann, z.B. durch Nutzung eines Kontos (erforderliche Voraussetzungen für eine Kontoeröffnung, Zeichnungsberechtigungen, etc.).
Achtung wenn größere Mengen Bargeld bewegt werden – die Gesetzeslage im jeweiligen Land beachten. WESTERN-UNION ist gut, aber sehr teuer.
zu 8) Projektdokumentation
Die Projektabwicklung erfordert hochqualifizierte lokale MitarbeiterInnen. Ein transparentes und präzises Berichtswesen sowohl in Ablauf technischer wie auch in finanzieller Hinsicht erleichtern und vereinfachen die Projektsteuerung wie auch die Valorisierung des Projektablaufes und gewährleisten kurze Reaktionszeiten zur Fehlerkorrektur. Probate Mittel für das Berichtswesen sind tägliche Aufzeichnungen (z.B. für den technischen Ablauf in Form von „Logbuch“ oder Bautagebuch oder für den finanziellen Ablauf z.B. in Form von einem „amerikanischem Journal“ (Form einer einfachen Buchhaltung).
Für ein funktionierendes Netzwerk rund um das eigentliche Projekt ist eine ständig aktualisierte Projektbeteiligten-Liste wichtig. Aller persönlich Beteiligter, aber auch Lieferanten, Transporteure, etc. sowie öffentliche Stellen welche indirekt involviert sind. (Name, Adresse, Tel.Nr.,e-mail, Datum des Erstkontaktes.)
zu 9) Abschluss/Übergabe oder der Aufbau einer langjährigen freundschaftlichen Zusammenarbeit – Nachhaltigkeit
Die Nachhaltigkeit eines Projektes ergibt sich aus dem Nutzen für Bevölkerung nach der Übergabe in die Eigenverantwortlichkeit, darum kann eine dauerhafte, lockere Begleitung nützlich sein.
zu 10) Förderungen und Spenden
Eine Grundlage für Förderungen und auch Spenden ist eine durchdachte, detaillierte und fundierte Projektplanung sowie eine transparente Projektabwicklung ist wichtig bis unumgänglich. Ob und wie ein Projekt durch die öffentliche Hand gefördert wird, entscheidet in Österreich die ADA (Austrian Development Agency). Förderungen sind auch durch große, teils private bzw. caritative Organisationen möglich.
Eine derzeit interessante Möglichkeit ist Crowdfunding
zu 11) Zusammenarbeit mit anderen NGO´s
Für die Effizienz eines Projektes kann es ausschlaggebend sein, sich mit anderen NGO`s über die lokalen Gegebenheiten und wirtschaftlichen Möglichkeiten auszutauschen. Synergie können somit Projekt-dienlich genützt werden und dieser Mehrwert kann in der Öffentlichkeit – und auch beim Crowdfunding – positiv genutzt werden.
Gerne stehe ich zu ganz konkreten Fragen und Abläufen zur Verfügung.
Gerne nehme ich auch weitere wichtige Ergänzungen auf.
Gerhard Karpiniec